Laika Verlag

Bibliothek des Widerstands

Der Klassenkampf, der einem Historiker, der an Marx geschult ist, immer vor Augen steht, ist ein Kampf um die rohen und materiellen Dinge, ohne die es keine feinen und spirituellen gibt. Trotzdem sind diese letztern im Klassenkampf anders zugegen denn als die Vorstellung einer Beute, die an den Sieger fällt. Sie sind als Zuversicht, als Mut, als Humor, als List, als Unentwegtheit in diesem Kampf lebendig und sie wirken in die Ferne der Zeit zurück. Sie werden immer von neuem jeden Sieg, der den Herrschenden jemals zugefallen ist, in Frage stellen. Wie Blumen ihr Haupt nach der Sonne wenden, so strebt kraft eines Heliotropismus geheimer Art, das Gewesene der Sonne sich zuzuwenden, die am Himmel der Geschichte im Aufgehen ist. Auf diese unscheinbarste von allen Veränderungen muß sich der historische Materialist verstehen.




Wenn die Bekämpfer des Unrechts

Ihre verwundeten Gesichter zeigen

Ist die Ungeduld derer, die in Sicherheit waren

Groß.

Warum beschwert ihr euch, fragen sie

Ihr habt das Unrecht bekämpft! Jetzt

Hat es euch besiegt: schweigt also!

Wer kämpft, sagen sie, muß verlieren können

Wer Streit sucht, begibt sich in Gefahr

Wer mit Gewalt vorgeht

Darf die Gewalt nicht beschuldigen.

Ach, Freunde, die ihr gesichert seid

Warum so feindlich? Sind wir

Eure Feinde, die wir Feinde des Unrechts sind?

Wenn die Kämpfer gegen das Unrecht besiegt sind

Hat das Unrecht doch nicht recht!

Unsere Niederlagen nämlich

Beweisen nichts, als daß wir zu

Wenige sind

Die gegen die Gemeinheit kämpfen

Und von den Zuschauern erwarten wir

Daß sie wenigstens beschämt sind!





Malka („Mala“) Zimetbaum (26. Januar 1918 in Brzesko; † 15. September 1944 in Auschwitz) war eine belgische Jüdin polnischer Herkunft und Widerstandskämpferin im Konzentrationslager Auschwitz-Birkenau, wo sie 1944 ermordet wurde. Mala, die die ihr gebotenen Vorteile gegenüber den anderen Häftlingen nicht ausnutzte und das Vertrauen ihrer Leidensgenossen besaß, spielte eine wichtige Rolle im Lagerwiderstand. Am 24. Juni 1944 floh sie gemeinsam mit ihrem polnischen Geliebten, dem „politischen Häftling“ Edek Galinski, in einer SS-Uniform verkleidet aus Auschwitz und versuchte dabei, Deportiertenlisten, zu denen sie Zugang hatte, nach außen zu schmuggeln, um die Welt von dem Morden in Auschwitz in Kenntnis zu setzen. Doch am 6. Juli wurde sie mit Edek an der Grenze zur Slowakei gefasst, zurück nach Auschwitz gebracht und nach intensiven Verhören durch die Politische Abteilung (Block 11) wegen ihres Fluchtversuchs zum Tod durch Erhängen verurteilt. Gleichwohl sperrte man sie anschließend in den Strafbunker, wo sie, unter anderem von dem berüchtigten Wilhelm Boger, schwer misshandelt wurde. Dennoch war ihre Haltung, wie eine Mitgefangene rückblickend erzählte, stark und gefasst:
„Und die Mala selber kam auch zu uns, in die kleine Baracke. Und dann habe ich mit ihr sprechen können. Und sie war stolz und ruhig. Und wie man sie gefragt hat: »Wie geht es dir, Mala?« hat sie gesagt: »Mir geht es immer wohl«, obgleich sie wußte, was ihr Ende sein wird.“
Ihre geplante Hinrichtung am 15. September 1944 wurde von der Lagerleitung als Exempel inszeniert; zur Exekution war für das gesamte Frauenlager Generalappell befohlen. Doch Mala hatte sich heimlich Rasierklingen beschafft, und es gelang ihr, sich damit unmittelbar vor der Vollstreckung die Pulsadern zu öffnen. Als ein SS-Aufseher ihr daraufhin die Klingen wegnahm, schlug sie ihn mit ihren blutenden Händen ins Gesicht und rief: "Ich werde als Heldin sterben, du verreckst wie ein Hund!" Daraufhin wurde Mala von den Aufsehern, die dieser Akt des selbstbewussten Widerstandes einer Jüdin rasend machte, brutal misshandelt, geschlagen und getreten. Zugleich erging der Befehl, sie lebendig im Krematorium zu verbrennen. Ein Mithäftling berichtet:
„Dann wurde sie durch das ganze Lager geführt und in eine kleine Kiste geworfen. Als man sie in der Kiste in das Krematorium gebracht hat, ist sie an unserem Bürotor vorbeigezogen. Sie war nur noch ein Klumpen. Sie hat nur noch geröchelt.“